Sympathische Superlative
Die Pfalz ist ungefähr so groß wie eine Million Fußballfelder zusammen. Ihre 5450 Quadratkilometer sind nicht genug, um sie zu einem eigenständigen Regierungsbezirk zu machen – den muss sie sich mit Rheinhessen teilen. Dennoch ist die Pfalz in mancherlei Hinsicht das Größte. Das fängt beim Wald an. Auf rund 40 Prozent pfälzischen Bodens stehen Bäume, und der Pfälzerwald ist mit 142 872 Hektar Baumbestand das größte zusammenhängende Waldgebiet in der Bundesrepublik Deutschland. 12.000 Kilometer Wanderwege und etwa 150 Jugendherbergen, Hütten und Wanderheime sorgen dafür, dass Wanderer hier nicht auf dem Holzweg sind. Die Zahl der Bäume auch nur annähernd anzugeben, wäre indes vermessen.
Der nächste pfälzische Superlativ entzieht sich einer solchen Zählung nicht so absolut. Mehr als 100 Millionen Rebstöcke stehen auf den rund 23.000 Hektar Weinbaufläche links und rechts der 85 Kilometer langen Deutschen Weinstraße, Deutschlands ältester Weintouristikroute. Würde man alle diese Rebstöcke in eine Reihe pflanzen, so ergäbe das eine Superrebzeile, die fast dreimal um die ganze Welt reichte. Ihre Trauben – in durchschnittlichen Jahren werden etwa 2,5 Millionen Hektoliter geerntet – machen die Pfalz zum ertragsreichsten Weinbaugebiet der Republik.
Verschwindend gering nimmt sich dagegen jene Menge Weins aus, die im Historischen Museum der Pfalz in Speyer dem staunenden Publikum aus aller Herren Länder gezeigt wird: ein immer noch flüssiger Rebensaft, der sich – die Wissenschaft hat es festgestellt – in einer römischen Glasamphore 1600 Jahre gehalten hat. Er ist der älteste Wein der Welt. Wen wundert es noch, dass das größte Fass der Welt, ausreichend für 1,7 Millionen Liter Wein, in Bad Dürkheim aufgeschlagen wurde?
Jede dritte Flasche deutschen Weins, die in Deutschland verkauft wird, kommt aus der Pfalz. Die Natur meint es gut mit dieser Region und sorgt für weitere Superlative: Jährlich mehr als 1 800 Sonnenstunden und eine Temperatur von 11 Grad Celsius im Jahresdurchschnitt machen die Pfalz zu einer der wärmsten Regionen Deutschlands. Warm ums Herz wird es davon nicht nur den Menschen, auch Rebstöcke regt die Pfälzer Sonne zu Rekorden an. So hat ein Südpfälzer Winzer im exzellenten Weinjahr 1971 Trauben geerntet, deren Most sagenhafte 326 Grad Öchsle wog – das weltweit größte Mostgewicht.
Pfälzischem Pioniergeist entsprang Anfang der siebziger Jahre die Idee, bei Schweigen am Deutschen Weintor einen Weinlehrpfad anzulegen – den ersten seiner Art in Deutschland. Das «größte Weinfest der Welt” wird auch in der Pfalz gefeiert: der Dürkheimer Wurstmarkt, den Hunderttausende von Gästen mitfeiern. Die Erfindung autofreier Sonntage zur fröhlichen Körperertüchtigung verdankt das Land ebenfalls den Pfälzern: Der «Erlebnistag Deutsche Weinstraße” am letzten Augustwochenende bringt schon seit 1985 alljährlich 300.000 Besucher auf die Beine und vor allem auf die Fahrräder.
Rund 1,3 Millionen Menschen leben in acht Landkreisen und ebenso vielen kreisfreien Städten zwischen Rhein und Saar. Einige lässt die Pfalz besonders hoch leben, etwa die fünf Dutzend Bewohner des Hermersbergerhofes im Landkreis Pirmasens. Die mit 560 Metern höchstgelegene Siedlung der Pfalz wird – zumindest in normalen Wintern – zum Höhepunkt für die heimische Skifreunde. Absolute Spitze ist der Donnersberg mit seinen 687 Metern. Ihren Tiefpunkt erreicht die Pfalz dort, wo man bestenfalls Wasserski fahren kann: irgendwo zwischen Frankenthal und Worms nämlich, wo der Rhein knapp hundert Meter über Meereshöhe die Vorderpfalz in Richtung Norden verlässt.
Dass es sich in der Pfalz fürstlich leben lässt, ist keine Erkenntnis des modernen Tourismus. Die Vorteile von Wärme, Wald und Wein haben schon vor Jahrhunderten die Edlen in beachtlicher Anzahl dazu veranlasst, sich ausgerechnet hier mit Mauern zu umgeben. Sie machten – von der Antike bis in die Neuzeit – die Pfalz zu einem Land der Burgen. Die mächtigste davon ist Burg Lichtenberg im Landkreis Kusel, die mit 425 Metern Länge zu den größten Burganlagen Deutschlands gerechnet wird. Selbst wenn man jene Burgen weglässt, von denen heute nichts mehr zu finden ist, kommt man auf 119. Viele davon sind gut erhalten und
lohnen einen Besuch.
Auf jeden Pfälzer entfallen, zum Glück nur rein statistisch, ziemlich genau 0,0000915 Burgen. Ob diese ungewöhnlich hohe Burgendichte aber zu einem weiteren Rekord reicht, ist mangels vergleichbaren Datenmaterials aus anderen Regionen nicht exakt feststellbar. Es wäre ja auch den Zahlenspiegel zum Eulenspiegel gemacht, wenn man auf diese Art und Weise nach Superlativen heischte. Das hat die Pfalz nicht nötig, wie dieser vollkommen unvollständige Ausflug durch Deutschlands südlichsten Westen (schon wieder ein Superlativ) hoffentlich gezeigt hat.
Quelle: www.pfalz.de